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Der Steinbruch in Lüchtringen

Steinbruch Lüchtringen

Geologie und Geschichte, Arbeit und Natur

Die Geologie der Rotsandstein-Schichten

Der Solling bildet zusammen mit dem im Südwesten angrenzenden Reinhardswald und dem Bramwald im Südosten eine geologische Struktureinheit, deren Gemeinsamkeit in der erdgeschichtlichen Vergangenheit zu finden ist und die dementsprechend hier regional zusammenfassend behandelt werden soll. Über den tieferen Untergrund dieser Region geben Tiefbohrungen nur punktuelle Informationen, lassen aber erkennen, dass während des jüngeren Erdaltertums wechselnde, sowohl marine wie auch festländische Verhältnisse in unserem Gebiet vorgeherrscht haben. Das unmittelbare Unterlager der festländischen Sedimente des älteren Erdmittelalters bilden Meeresablagerungen der Zechstein-Zeit mit Karbonat-, Sulfat- und Salzgesteinen.

Im Zuge des anschließend gesunkenen Meeresspiegels wurden im ältesten Erdmittelalter zur Buntsandstein-Zeit während eines Zeitraumes von wohl nur wenig mehr als 6 Mio Jahren zunächst eine festländische Wechselfolge mit unterschiedlichen Sand- und Tonschlamm-Anteilen abgelagert. Im höchsten Mittleren Buntsandstein zur Zeit der Solling-Formation (smS) allerdings finden wir auch eine sandig dominierte Abfolge, die im Oberen Buntsandstein (so) wiederum von marin beeinflussten Schlamm- und Eindampfungs-Sedimenten abgelöst werden.

Schematische Darstellung deszwiebelschalenförmigen Baus des Solling-Gewölbes
Schematische Darstellung des zwiebelschalenförmigen Baus des Solling-Gewölbes zwischen Holzminden – Dassel und Kassel – Hann.Münden

Auf diesem ältesten Abschnitt des Erdmittelalters folgen zur Muschelkalk-Zeit (m) wiederum Meeresablagerungen unterschiedlicher Art, die von Keuper-zeitlichen amphibisch geprägten Sedimenten gefolgt werden. Alle diese drei Zeitabschnitte werden als Trias-Periode zusammengefasst, die ihrerseits von den jüngeren Ablagerungen der Jura- und Kreide-Zeit überlagert werden.

So stapelten sich an der Oberweser im Laufe des Erdmittelalters während ca. 150 Mio Jahren etwa 2 ( – 3?) km Deckschichten über den Ablagerungen des Buntsandsteins auf. Der dadurch entstandene Überlagerungsdruck verfestigte die ursprünglichen Lockersedimente zu Festgesteinen: Aus Sand wurde Sandstein, aus Schlamm-Ablagerungen Ton-/Schluffsteine.

Zwiebelschalenförmiger Bau des Solling-Gewölbes
Zwiebelschalenförmiger Bau des Solling-Gewölbes

Diese von weitläufigen Fließgewässern in den Reinhardswald-Trog eingetragenen und anschließend „versteinerten“ Ablagerungen bestimmen das heutige geologische Erscheinungsbild der Buntsandstein-Landschaft an der Oberweser, die von den Meeresablagerungen des Muschelkalks umgeben werden. Dagegen ist der Keuper als jüngste Einheit der Trias mit Ablagerungen im Solling, Reinhardswald und Bramwald nicht erhalten, ebenso wie die der darauffolgenden Jura- und Kreide-Zeit.

Während letzterer erfolgte im ausgehenden Erdmittelalter an der Oberweser ein durchgreifender Paradigmenwechsel, der zu einer grundlegenden Umstrukturierung des Buntsandstein-zeitlichen Sedimentationsraumes zwischen Bodenwerder – Kassel und Bad Karlshafen – Hardegsen führte: Über differenziellen Hebungen im Untergrund wurde hier der ursprünglich +/- horizontal abgelagerte Sedimentgesteinsstapel zu drei Teilgewölben schildartig aufgewölbt, die zusammen das Solling-Gewölbe ausmachen.

Corvey, Westwerk und Kirchenschiff von Südwesten
Corvey, Westwerk und Kirchenschiff von Südwesten

Im jüngeren Tertiär-Zeitalter der Erdneuzeit setzte zunächst eine flächenhafte Abtragung ein, gefolgt im Quartär von einer linearen Flusserosion und legte nach und nach die unter ca. 2000 m Deckschichten verbreiteten Buntsandstein-Ablagerungen frei. Vergleichbar mit dem Anschnitt einer Zwiebel, bei dem sich um einen grünen Kern (su) weitere Ringe legen, werden ähnlich die Buntsandsteinschichten im Solling-Gewölbe mit z. B. dem Unteren Buntsandstein (su) im Kern von jüngeren Schichten (smV bis so) umgeben, nur dass deren Verbreitung an der Erdoberfläche vergleichsweise irregulär verläuft.

Im Zuge dieser Exhumierung der Buntsandstein-Schichten wurden in weiten Bereichen des nördlichen Sollings, im westlichen Reinhardswald und an der Ostabdachung des Bramwaldes flächenhaft die Schichten der Solling-Formation mit seinen verschiedenartigen Sandsteinschichten freigelegt. Diese vielseitig verwendbaren Sandsteine wurden früher in einer Vielzahl von Steinbrüchen und verschiedentlich auch heute noch gewonnen. Abbauschwerpunkte zeichnen sich im nördlichen und westlichen Solling sowie im nordwestlichen Reinhardswald ab, während im Bramwald Steinbrüche nur dünn gesät sind und im südlichen Reinhardswald weitgehend fehlen.

Vorherrschend wurden in den meisten dieser Steinbrüche zwei verschiedene Varietäten des Roten Wesersandsteins der Karlshafen-Schichten in der Solling-Formation abgebaut: einmal der massige und wechselnd bankige bis dickbankige Sandstein, zum anderen ein plattig absondernder feinschichtiger Typ.

Behangplatten für Hausfassaden
Behangplatten für Hausfassaden

Beide beruhen auf unterschiedlichen hydrodynamischen, kleinräumig wechselnden Ablagerungsbedingungen in dem weitläufigen Fließgewässersystem, das die Lockersandmassen aus südlichen Richtungen herangeführt hat.

Während die massigen Rotsandsteine überwiegend als Gleithangsedimente in mäandrieren- den Gewässerrinnen abgelagert wurden, gehen die plattigen Sandsteine auf ehemalige Hochflutablagerungen der Überschwemmungsebene zurück. Entsprechend der unterschiedlichen Gefüge wurden diese beiden Rotsandstein-Typen seit Jahrhunderten für verschiedenartige Verwendungszwecke abgebaut und verarbeitet.

Der massige Rote Wesersandstein wurde überwiegend als Bausandstein, aber auch handwerklich zu plastischen Skulpturen und ornamentalem Maßwerk verarbeitet, die plattig aufspaltenden Sandsteine hingegen zu Deelsteinen, Dachsteinen (sog. Sollingplatten) und Fassadenbehangplatten. Diese bestimmen noch bis heute das historische Ortsbild zahlreicher Dörfer und Städte sowie den Aspekt von historischen Sakral- und prominenten Profanbauten.

 

Zur Geschichte der Steinbrüche in Lüchtringen

Die ältesten Gebäude aus Stein waren in unserer Region Kirchenbauten: der erste Bau der St. Kiliani-Kirche in Höxter um 800 und die von 822 bis 844 errichtete Klosterkirche von Corvey. Seit dem hohen Mittelalter breitete sich der Steinbau auch im profanen Bereich aus.

Der verwendete Sandstein stammte aufgrund seiner leichten Verfügbarkeit und kurzer Transportwege sicherlich von Anfang an aus Steinbrüchen am Sollingrand. Deutlich später setzte die Schriftüberlieferung ein, in der erstmals 1416 eine „Steinkuhle“ im Otterbachtal bei Lüchtringen erwähnt wird.

Die Reichsabtei Corvey besaß im Mittelalter umfangreiche Rechte und Freiheiten am Solling, wozu u. a. auch die Steingewinnung gehörte. Bis in das 16. Jahrhundert hinein gelang es den Herzögen von Braunschweig, ihre Landesherrschaft über den gesamten Solling bis zur Weser auszudehnen. Lüchtringen verblieb als einziger Ort östlich der Weser unter corveyscher Landesherrschaft. Seit 1532 belegen braunschweigische Forstordnungen, worin auch die Abgaben der Steinbrecher für Schleif-, Dach- und Mühlsteine festgelegt wurden, ein zunehmendes herrschaftliches Interesse an Steinbrüchen.

Ausschnitt aus der Karte vom Amt Fürstenberg im Atlas des Gottfried Mascop (1574).Aus: U. Ohainski/A. Reitemeier 2012.
Ausschnitt aus der Karte vom Amt Fürstenberg im Atlas des Gottfried Mascop (1574).
Aus: U. Ohainski/A. Reitemeier 2012.

Im Bereich zwischen Holzminden und Fürstenberg wurden im Jahr 1587 von 84(!) Steinbrüchen Abgaben gezahlt. Seit 1558 wurde der Reichsabtei von den Herzögen nur noch die sogenannte „immerwährende Steinkuhle“ unentgeltlich zugestanden. Diese konnte in einem bestimmten Distrikt, aber an wechselnden Orten angelegt werden. Für den barockzeitlichen Wiederaufbau von Kloster Corvey etwa lag dieser Steinbruch im Mündungsbereich der Rutengrund.

Steinbrucharbeiter mit Schubkarre und Tragkorb im „Instrumentenbuch I“ von Herzog Julius (1568-89).Aus: G. Spies 1992.
Steinbrucharbeiter mit Schubkarre und Tragkorb im „Instrumentenbuch I“ von Herzog Julius (1568-89).
Aus: G. Spies 1992.

Sollingsandstein war seit dem späten Mittelalter auch als Handelsgut beliebt. Dachplatten aus dem Umfeld von Höxter waren weser- abwärts als „höxterscher Schiefer“ oder „Höxtersteine“ bekannt.

Daraus lässt sich schließen, das Höxter wohl bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) für den Steinhandel ein bedeutender Umschlagplatz war. Dank der Einrichtung der herzoglich-braunschweigischen Steinfaktorei in Holzminden zu Beginn der 1660er Jahre nahm das regionale Steingewerbe allgemein einen starken Aufschwung.

In historischer Zeit erfolgte die Gewinnung und Verarbeitung von Naturstein zumeist in Kleinbetrieben mit weniger als zehn ständigen Arbeitskräften. Davon zeugen die heute noch sichtbaren, überwiegend kleinteiligen Abbauspuren. Inhaber waren großenteils langjährige Pächter, die die Werkstein- und Plattenbrüche als reine Familienunternehmungen betrieben.

Als Beispiel sei der um 1600 in Höxter ansässige Steinhauer Johann Plocker mit seinem Steinbruch in der Rutengrund angeführt. Er stand als Steinlieferant und Dachdecker im Dienst des höxterschen Rates, erhielt aber als freier Unternehmer auch Aufträge etwa in Bremen.

Blick auf das Otterbachtal von Südwesten, 1950er Jahre.Foto (Ausschnitt): Stadtarchiv Höxter
Blick auf das Otterbachtal von Südwesten, 1950er Jahre.
Foto (Ausschnitt): Stadtarchiv Höxter

Die Gemeinde Lüchtringen besaß bis zur kommunalen Gebietsreform von 1969/70 das Recht, unentgeltlich Mauersteine zu brechen. Bis in die 1960er Jahre wurden mindestens neun Steinbrüche im Otterbachtal und in der unmittelbaren Nachbarschaft verpachtet.

 

Die Arbeit im Sandsteinbruch

Am Beispiel des ehemaligen Steinbruchs (am heutigen Sportplatz), der bis zum Jahr 1971 durch Albert Müller betrieben wurde, wird die harte Arbeit zur Gewinnung und Verarbeitung des Sandsteins, der als Naturstein die historische Baulandschaft der Region bis heute prägt, dargestellt.

Der Steinbruch mit Behauhütte (rechts im Bild)
Der Steinbruch mit Behauhütte (rechts im Bild)

Der Sohn des letzten Steinbruchbetreibers, Winfried Müller, der selbst noch im väterlichen Betrieb mitarbeitete, gab einen Einblick in die Geschichte des örtlichen Abbaus, der nach Anbruch des sogenannten „Betonzeitalters“ bald nach dem Zweiten Weltkrieg aus Rentabilitätsgründen eingestellt wurde. Sein Urgroßvater aus Sievershausen am östlichen Solling begann im 19. Jahrhundert mit dem hiesigen Abbau. Der Betrieb blieb bis zur Aufgabe der Sandsteingewinnung in Familienhand und beschäftigte bis zu 15 Mitarbeiter.

Steinhauer spalten undbearbeiten die Sandsteinplatten
Steinhauer spalten und
bearbeiten die Sandsteinplatten

Die Steinbrecher lösten einzelne Blöcke mit Abmessungen von 1 bis 2 m und unterschiedliche Schollenformate aus der Wand. Die gewonnenen Rohblöcke wurden anschließend überwiegend vor Ort von den Steinhauern zu verkaufsfertigen Endprodukten verarbeitet. Dazu gehörten unregelmäßig-polygonale Trittplatten, sogenannte „Timpen“, Bossensteine, Deelsteine, Dach- und Steinplatten zur Grundstückseinfriedung. Die Arbeit im Steinbruch war eine qualifizierte Anlern-tätigkeit. Die älteren Arbeiter gaben ihr Erfahrungswissen an die jüngeren weiter.

Das verwendete Schwarzpulver für die Sprengungen mischten die Steinbrucharbeiter selbst an; die dafür erforderlichen Zutaten gab es in der Drogerie.

Die gelösten Blöcke bewegten die Arbeiter mit der Brechstange auf Rollen. Zum innerbetrieblichen Transport gab es aber auch Kipploren, die auf Gleisen bewegt wurden. Die Werkzeuge (Federkeile, Meißel z. T. aus alten Blattfedern von Autos hergestellt, Pickhaue, Setz- und Sprengeisen) unterlagen einem hohen Verschleiß. Daher mussten sie stets nachgeschärft werden. Das geschah in der Dorfschmiede noch nach Feierabend.

Die Hauptabsatzgebiete waren nach dem Zweiten Weltkrieg das hiesige Umfeld, aber auch das Ruhrgebiet und die „steinarmen“ Niederlande. Dorthin wurde das Material mit LKW transportiert. In früherer Zeit wurden die Produkte aber auch auf dem Wasserweg mit sogenannten Weserböcken nach Bremen transportiert und von dort teilweise auch weiter verschifft.

Loren helfen beim Transport der Steine im Steinbruch.
Loren helfen beim Transport der Steine im Steinbruch.

Die Arbeit im Steinbruch war körperliche Schwerarbeit und konnte nur von kräftigen, gesunden Männern verrichtet werden. Arbeitsschutzmaßnahmen nach heutigem Standard waren bis in die 1950er Jahre völlig unbekannt. Beschränkten Wetterschutz für die Steinhauer bot ein überdachter dreiseitig offener Unterstand, „Behauhütte“ genannt. So konnten Wind und Zugluft wenigstens einen Teil des gefährlichen, Silikose (Staublunge) verursachenden Steinstaubes wegführen.

Die letzte Fahrt
Die letzte Fahrt

Die Arbeit der Steinhauer erfolgte an aufgebockten dicken Steinplatten. Die schwere körperliche und wetterexponierte Arbeit, mangelnde Arbeitssicherheit und Silikoseerkrankungen hatten eine vergleichsweise geringe Lebenserwartung der Steinbrucharbeiter zur Folge.

Die Entlohnung erfolgte im Stundenlohn bei einer damals üblichen 6-Tagewoche mit einer Regelarbeitszeit von 7 Uhr bis 17 Uhr und samstags bis Mittag. Überstunden wurden mit einem Lohnaufschlag entgolten.

Während der zwei- bis dreimonatigen Winterpause wurden die Abraumdeckschichten abgetragen („abgekummert“). Nebenerwerb durch Landwirtschaft, Waldarbeit und Besenbinderei waren besonders in den Anfangsjahren der Sandsteingewinnung für den Lebensunterhalt notwendig, da es in den winterlichen Betriebsruhezeiten kein Arbeitslosengeld gab.

 

Die Steinbrüche um Lüchtringen – Lebensräume aus zweiter Hand

Die alten Steinbrüche um Lüchtringen sind ein ganz besonderer Lebensraum in unserer Kulturlandschaft. Auch wenn sie auf den ersten Blick nicht besonders interessant aussehen, ist genau das Gegenteil der Fall. Hier finden sich viele Tiere und Pflanzen, die mit extremen Bedingungen gut zurechtkommen.

Wieso ist das so? Steinbrüche sind trockene und warme Lebensräume. Das rohe Gestein kann kaum Wasser halten und ist nährstoffarm. Die offenen Felswände können sich bei Besonnung extrem aufheizen.

Steinbruch Lüchtringen

Nur Spezialisten unter den Tieren und Pflanzen sind hier überlebensfähig und darunter sind auch seltene, geschützte Arten. Oft sind das Arten, die in der Naturlandschaft an natürlichen Felsen oder an offenen Stellen der Flussauen als Pioniere vorkamen. Da solche natürlichen Flächen mit offenen Böden kaum noch vorkommen, sind sie in Steinbrüche als Ersatzlebensräume ausgewichen.

Unter den Gehölzen finden sich in den Steinbrüchen um Lüchtringen Birke, Zitterpappel, Sal-Weide, und die Wald-Kiefer. Alle produzieren zahlreiche Samen, die auch auf rohen Böden gut keimen und sich entwickeln können. Im Winter fressen die Birkenzeisige gerne die Nüsschen der Birke, aber auch die Samen und Früchte anderer Gehölze werden von ihnen und vielen anderen Vogelarten verzehrt. Mit der Zeit stellen sich auch Eiche und die Hasel ein. Ihre fettreichen Früchte versteckt der Eichelhäher als Wintervorrat in Spalten und Rissen und vergisst dabei viele („Hähersaaten“).

Tüpfelfarn (Polypodium vulgare)
Tüpfelfarn (Polypodium vulgare)

An den offenen Felswänden wachsen kaum höheren Pflanzen, denn es fehlen Wasser und Nährstoffe. Hier ist das Reich der Kryptogamen, wie man zusammenfassend Moose und Flechten nennt. Im Gegensatz zu höheren Pflanzen können sie komplett austrocknen. Sie stellen dann ihren Stoffwechsel ein. Nach Regenfällen oder intensivem Taufall erwachen sie wieder zum Leben und wachsen weiter. Ein besonderer Standort sind auch die Spalten im Gestein. Sie finden sich an Stellen, an denen die Gesteinsausprägung wechselt, z. B. die Korngröße von Sand zu Schluff oder Ton.

Der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes) kam ursprünglich in den Spalten natürlicher Felsen vor. Diese waren im Berg- und Hügelland immer schon selten. In den Steinbrüchen um Lüchtringen oder an alten Mauern findet er Ersatzbiotope. Seine Sporen keimen in den Ritzen zwischen den Gesteinsplatten und entwickeln einen mächtigen Wurzelstock, der seine Blattwedel ins Freie schiebt. Auch der schöne Tüpfelfarn (Polypodium vulgare) findet sich an ähnlichen Stellen.

Der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes)
Der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes)

Alle diese Farne bilden eine seltene Felsspaltengesellschaft. In den Spalten von warmen sonnigen Felsen legen Wildbienen gerne ihre Brutstätten an. Viele Arten graben eine Röhre mit Seitengängen und legen dort ihre Eier ab. Diese werden mit Pollenpaketen versehen, die die Weibchen von Blüten in der Nachbarschaft gesammelt haben. Von dieser eiweißreichen Kraftnahrung ernähren sich die Larven.

Die wärmeliebende Waldeidechse (Lacerta vivipara)
Die wärmeliebende Waldeidechse (Lacerta vivipara)

Die wärmeliebende Waldeidechse (Lacerta vivipara) jagt Bienen, Hummeln und Heuschrecken. Dieses geschützte Reptil kommt in den Steinbrüchen um Lüchtringen an sonnigen Stellen vor. Die wechselwarmen Tiere sonnen sich am Morgen, um erst einmal auf „Betriebstemperatur“ zu kommen. Die Waldeidechse ist lebendgebärend. Der Schlupf der Jungeidechsen erfolgt noch im Mutterleib.

 

Texte: Dr. Jochen Lepper, Prof. Dr. Winfried Türk, Dr. Mathias Lohr, Michael Koch, Klaus Missing
Fotos: Heimat- und Verkehrserein Lüchtringen e.V., Stadtarchiv Höxter, Michael Koch, Dr. Mathias Lohr, Dr. Winfried Türk, Angelika Reuter
Grafiken und Gestaltung: Angelika Reuter, Holzminden-Neuhaus

 

Die Lage des Steinbruchs in Lüchtringen

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