Bier- und Eiskeller
Über 200 Jahre Bier- und Eiskeller in Lüchtringen
Das Weserdorf Lüchtringen verfügte in seiner Gemarkung über einen Bier- und Eiskeller . Dieser wurde ausweislich der Inschrift über dem Eingang im Jahre 1820 errichtet. Zur damaligen Zeit führte die Weser in den üblicherweise sehr kalten und strengen Wintern große Mengen Treibeis, das sich an den Ufern auch zu Packeis aufstapelte. Dieses Eis und auch eigens durch Aufstau von Quellen in der Gänseweide gewonnenes Eis verbrachten die Gastwirte des Dorfes in die heute noch tief unter der Erde liegende Felsenhöhle. Dort hielt es sich bis in den Spätsommer und kühlte das Bier auf eine angenehme Trinktemperatur. Erschlossen wurde der Raum über einen 12 m langen Stollen.
Die historischen Kühlmöglichkeiten sind heute nicht mehr nötig. Gleichwohl hat sich das Bauwerk bis in die Gegenwart erhalten.
Ortsheimatpfleger Erwin Winkler beschreibt das Verfahren wie folgt:
Bierkühlung in alter Zeit
Ein Hauptproblem der Bierherstellung vergangener Zeiten bildete die zur Reifung des in der kleinen Lüchtringer Brauerei hergestellten Bieres im Lagerkeller erforderlichen niedrigen Temperaturen.
Da in früheren Zeiten keine Isoliertechnik bekannt war und die künstliche Kälteerzeugung erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, konnte man die zur Bierherstellung notwendigen niederen Temperaturen nur dadurch erreichen, dass man Stollenkeller in möglichst bewaldete Hügel oder Steinbrüche trieb, um darin die hölzernen Lagerfässer aufzustellen. Die Kellerstollen baute man so, dass sie im Winter mit Natureis und Schnee versorgt werden konnten.
Die hier vorhandene Höhenlage und die klimatischen Verhältnisse erlaubten es, das Bier tief im Keller zu lagern. In den Strengen und schneereichen Wintern wurde der Lagerkeller mit Schnee und Eis vollständig befüllt.
Das gesamte Brau- und Landwirtschaftliche Personal wurde damals eingesetzt, um aus den dicken Eisdecken, die sich auf dem nahen Weiher und in besonders kalten Wintern auf der Weser bildeten, Eis zur Kühlung des Kellers zu gewinnen.
Mittels spezieller Eissägen und Äxten wurden transportable Eisplatten gewonnen, die dann mit extra dafür gestalteten Haken ans Ufer gezogen wurden. Von Hand lud man diese Eisplatten auf spezielle Pferde- und Ochsenschlitten und fuhr mit ihnen zur Endladestelle des sogenannten Eiskellers.
Dort zerkleinerte man mit langen Holzhämmern die Eisplatten in kleine Stücke und beförderte sie durch die Einbringungsöffnung in das Kellergewölbe, wo man die Lagerfässer ringsherum mit den zerkleinerten Eisstücken einpackte. Auch Schnee wurde abschließend noch eingebracht und der Bedienungsgang damit vollgestopft.
200 Jahre: Heimatverein belebt historisches Erbe neu für Besucher
Der Heimat- und Verkehrsverein entschloss sich, dieses historische Erbe aus Anlass des 200-jährigen Bestehens wieder in den öffentlichen Blick zu rücken und als Anziehungspunkt der Naherholung wieder zu beleben. Nach Reinigung und Freischnitt des Bereichs, über den diverse Wanderrouten in den unmittelbar angrenzenden Solling führen, wurde auf dem Vorfeld des Eiskellers ein neuer Rastplatz errichtet. Dieser wurde mit drei Sitzgarnituren aus Lärchenholz ausgestattet. Diese Holzart wurde gewählt, weil sie in der Vergangenheit eine kostengünstige Alternative zur Eiche darstellte. Sie kam und kommt im Solling noch reichlich vor.
Das nordrhein-westfälische Heimatministerium unterstützte den Verein finanziell und gewährte einen Zuschuss zu den Kosten.
Für seine Initiative und das Ergebnis erhielt der Verein viel Lob aus der Bevölkerung. Die Maßnahme hat auch einen – nicht geplanten – positiven Nebeneffekt. Die schweren Sitzbänke und Tische eignen sich besonders gut als Abstützungsmöglichkeit für leichtathletische Übungen. Darüber freuen sich besonders die LFLer des Dorfes.
Hier finden Sie den Bier- und Eiskeller